Unsere Geschichte
Porzellan im Hinterhof blickt auf eine langjährige Firmenhistorie, die über ein Jahrhundert zurückreicht. Diese Historie möchten wir Ihnen an dieser Stelle präsentieren.
Mehr Geschichte: Kindergartenporzellan, Märkte, Namenstasse
Wir sind stolz auf unsere Geschichte. Neben dieser Seite finden Sie in den folgenden Artikeln noch weitere spannende Details zu einzelnen Aspekten unserer Unternehmensgeschichte.
Die Porzellanmalerei Petschky
Alles begann in Arzberg, wo Friedrich, genannt Fritz Petschky 1906 eine Porzellanveredelungsmanufaktur gründete, die Porzellanmalerei Petschky.
Diese Manufaktur in der ehemaligen Porzellanhochburg Arzberg wurde 1949 nach dem 2. Weltkrieg geschlossen. Mehr dazu bei unserem Beitrag zur Erfindung der Namenstasse!
Zugang zur Porzellanmalerei Friedrich Petschky am Hammerweg in Arzberg
Geschäftsidee Porzellan– der Neustart nach dem 2. Weltkrieg
Ferdinand Kriener, der Ehemann von Friedrich Petschkys Tochter Katharina, war während des 2. Weltkrieges an der Front in Russland– diese Erlebnisse haben sein Leben geprägt. Er war ein feinfühliger Mensch, der als ausgebildeter Gärtner ein enges Verhältnis zur Natur hatte und die Zeit der Kriegsgräuel hat ihn bis in seine Grundfesten erschüttert; er kam letztendlich nie darüber hinweg. Da erin Russland gekämpft hatten, konnte er seinen alten Beruf als Gärtner bei den städtischen Gärtnereien in Stuttgart nicht wieder antreten.
Um seine zwei kleinen Kinder und seine Frau zu versorgen, mussten andere Ideen her. Die hatte meine Großmutter Katharina – sie überlegte sich, ein Porzellangeschäft zu eröffnen, da der Bedarf an allem, was man zum Leben brauchte, in den ausgebombten Städten groß war. Die Familie lebte in Bad Cannstatt, daher lag ein Laden in der Stuttgarter Innenstadt nahe – Katharina hatte in ihrem Leben immer mehr Pläne als ihr Mann Ferdinand, der mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hatte. Katharina Kriener war, als Arzbergerin und Fabrikantentochter, dem Porzellan verbunden und in einem Geschäftshaushalt groß geworden – nun begann sie den Plan, ein Porzellan- und Haushaltwarengeschäft zu eröffnen, umzusetzen.
1947 – Stuttgarts Innenstadt ist noch weitgehend zerstört – sucht Katharina Kriener also einen Laden für ihren Plan, Porzellan zu verkaufen. In den Ruinen der Innenstadt hatte sie kein Glück, die wochenlange Suche zeigt keinen Erfolg. Doch dann wendet sich das Blatt: Auf dem Rathaus, wo sie sich nach Möglichkeiten erkundigt, bekommt sie zwar keine Hilfe bei der Ladensuche, aber den Hinweis, der ihre Leben prägen sollte: “Versuchen Sie es doch zuerst einmal auf Märkten.“ So wurde hier die wichtigste Weiche für das zukünftige Geschäft mit Porzellan auf Märkten gestellt.
Schwarzmarkt und Beziehungen: Der Beginn einer Marktkarriere
Erste Weichen waren schon vorher auf dem Schwarzmarkt gestellt worden. Beim sogenannten “Hamstern” war im Vorteil, wer gute Tauschmittel hatte. Als Hamstern wurden die Fahrten auf das Land bezeichnet (meist im Zug oder Bus), bei denen Lebensmittel gegen andere Dinge getauscht wurden. Das war alles vom Silberbesteck bis zum Teppich – aber auch sehr beliebt waren hier praktische Dinge, wie zum Beispiel Kaffeehaferl aus Porzellan. Mit diesen im Rucksack ging es auf das Land, um Essbares einzutauschen und die Lebensmittelvorräte, die ja rationiert waren, aufzustocken. Dem Vernehmen nach war Katharina gut bei diesen Tauschgeschäften. Dabei verschwand auch nach und nach alles was an Produkten der Manufaktur noch auf Lager war – es ist buchstäblich nichts in Familienbesitz erhalten.
In der Zeit nach 1945 war der Bedarf an Haushaltwaren groß. In den zerbombten Städten und auch auf dem Land war vieles an Hausrat und Porzellan in den langen Kriegsjahren verloren gegangen, zurückgelassen oder auch zerstört worden. Essen und Trinken mussten die Menschen trotzdem, auch wenn die Portionen mager waren.
Die Manufaktur ihres Vaters Fritz war noch geschlossen, weil es an allem fehlte, wie zum Beispiel an dem wichtigen Feuerungsmaterial. Mit Hilfe ihres Vaters, der in Arzberg weiterhin zu den Honoratioren gezählt wurde, konnte Katharina Kriener Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Porzellanfabriken in Oberfranken aufbauen. So kam sie an die heißbegehrte Ware, denn sie wurde dort als Tochter eines Berufskollegen bevorzugt behandelt.
Katharina Kriener und ihr Vater Fritz Petschky in Arzberg
Das Ende der Manufaktur in Arzberg
Bis 1949 bestand die Porzellanmalerei Petschky noch offiziell, dann verschwand sie. Produziert wurde in dieser Zeit aber nicht mehr oder zumindest nicht in dem Umfang wie vor dem Krieg. Dann verschwand die Manufaktur – wahrscheinlich wurde das Inventar verkauft, was laut Familienüberlieferung vom Sohn Georg ausging. Der hat 1963 nochmal eine eigene Porzellanveredelungsmanufaktur eröffnet, die bis 1971 bestand. Auch hier wissen wir nicht viel, da er mit seiner Schwester kaum Kontakt hatte.
Eine Becher aus der Serie „Liebe ist“, der in dieser Manufaktur gefertigt wurde, war noch einige Jahre in der Familie. Doch auch der ist bei Auflösung des Haushalts von Katharina Kriener nicht mehr vorhanden gewesen – oder wurde nicht als letztes Relikt einer Familiengeschichte erkannt und entsorgt.
Tagesmärkt, Opel Blitz und die Matratze auf dem Pritschenwagen
Beschickt haben Katharina und Ferdinand Kriener Märkte in allen Größen, vorwiegend in Süddeutschland: Von Tagesmärkten im Bodenseegebiet bis zur Auer Dult in München oder dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt.
Die Tagesmärkte waren am Anfang der Schwerpunkt und auch ein echter Hit. Das erste Auto war unbekannter Herkunft und Marke, es war vom Personenwagen zum Pritschenwagen umgebaut worden. Der wurde bald von einem Opel Blitz ersetzt und regelmäßig für die anstehenden Märkte mit Holzwolle und Porzellan beladen. Das haben wir noch bis in den 1970iger Jahren so beibehalten. Unglaublich war für viele, dass die festgepackten Reihen aus Porzellanteller, Schüsseln und Platten wie eine Treppe bestiegen werden konnten, um die oberen Reihen beim Abladen wieder auszupacken. Die Holzwolle hat zugegebenermaßen auch ziemlich gepikst, wenn sie in die Kleider kam. Aber es war eine beeindruckend nachhaltige Art, Porzellan zu transportieren, auch im Vergleich zu heute.
Während der Marktsaison waren sie teilweise auch getrennt unterwegs, zum Beispiel hielt einer einen Markt in Bad Cannstatt, den späteren Cannstatter Wasen, und der andere hatte zeitgleich einen Stand auf der Auer Dult. Logistik war da gefragt und mein Großvater fuhr viele Kilometer, um zwischen den Märkten zu pendeln – hier aufzubauen und dort abzubauen, während meine Großmutter vorwiegend für den Einkauf und den Verkauf zuständig war.
Die Umsätze waren gut, der Aufwand im Vergleich zu heute gering. Es wurde ein kleiner Schirm aufgestellt (soweit als nötig erachtet) und die Kisten, in denen Tassen und Kannen transportiert worden waren, dienten als Verkaufstisch. Die Porzellankannen und -tassen konnten nicht wie Teller, Schüsseln und Platten in die oben beschriebenen Reihen gepackt werden – Hohlkörper waren dazu dann doch zu empfindlich.
Am Beginn der Marktkarriere war Porzellan rar und begehrt – und der Opel Blitz fuhr oft nur noch mit einigen übrig gebliebenen Teilen in einer Kiste oder komplett leer wieder heim. Am Anfang immer mit dabei waren die Matratzenteile, mit denen ein Bett auf der Ladefläche dann gebaut wurde, wenn die Märkte länger als einen Tag dauerten oder der Rückweg am Abend zu lange war.
Das habe ich selbst als kleines Kind erlebt, wenn ich meine Großeltern nach Nördlingen und auf andere Märkte begleitet habe – das war Abenteuer pur! Es war schwere Arbeit – Porzellan wiegt viel – und die Tage waren lang, aber es war auch ein Erfolgsmodell. So entwickelte sich den frühen Nachkriegsjahren und in der Zeit des Wirtschaftswunders aus der Verlegenheitslösung ein blühendes Marktgeschäft.
Ingrid Ackermann, damals noch Kriener, an einem Markstand in den 1950iger Jahren, mit Opel Blitz
Ferdinand Kriener Ende der 1950iger Jahre auf einem Markt in Süddeutschland
Die Namenstassen: Erbe der Porzellanmalerei Petschky
Als das Marktgeschäft sich stabilisierte, wurde auch eine orginelle Idee des Firmengründers Fritsch Petschky wieder aufgenommen.
Zu verdanken ist das dem Zufall: Katharina Kriener fand im Lager der inzwischen aufgelösten Manufaktur einige Namenstassen aus der Vorkriegsproduktion: Drei Tassen mit goldener, reich verschnörkelter Namensaufschrift. Damit war die Richtung vorgegeben, die dem Geschäft sein unverwechselbares Gesicht geben sollte: Porzellanartikel mit Namen wurden zur Geschäftsidee. Die Tasse mit der Aufschrift Censi auf dem Bild enstpricht (bis auf die Farbe) den ersten Namenstassen ziemlich genau.
Drei historische Namenstassen von 1950 bis 1970
Die großen Märkte: Stuttgart, München und Nürnberg
In München wurde die erste Dult von Katharina Kriener wahrscheinlich schon im Herbst 1965 beschickt, das erste komplette Dultjahr mit drei Dulten folgte dann 1966. Seitdem wurde der Porzellanstand Kriener bzw. Ackermann jedes Jahr drei Mal auf der Auer Dult aufgebaut. Dabei kamen wir auch auf dem Platz herum – nicht immer zu unserer Freude. Denn ein Platzwechsel kostet immer Geld – das ist eine Marktkaufleute-Weisheit, die immer noch Bestand hat. Begonnen hat es mit einem Porzellanstand von circa acht Metern Länge vor der Kirche.
Während der Kirchenturmrenovierung, die damals stattfand, geriet die Steuerung der Kirchturmglocken durcheinander, so dass wir eine Dult ständig unter dem Glockenläuten litten, das immer wieder und einmal sogar mehrere Stunden schlug, was das Zeug hielt.
Mein „Erstes Mal“ auf der Dult war im Jahr 1971 – ich half mit 13 Jahren schon regelmäßig am Wochenende bei meiner Großmutter aus. Nebenan gab es noch einen anderen Porzellanstand mit Figuren von Rokokodamen in aufwändigen Kleidern aus Spitze, die in flüssiges Porzellan getaucht worden war. Ich kann mich gut erinnern, dass die mich schwer beindruckt haben. Zu meinem Leidwesen bekam ich damals nie eine solche Dame, ein Schmerz, der überwunden ist.
So sah der Porzellanstand in München auf der Auer Dult bis 2020 aus
Kombinierte Frauenpower im Porzellangeschäft
Vier Jahre später: Sowohl Ferdinand Kriener wie auch mein Vater Werner Ackermann sind tot. Die Bäckerei, die mein Vater und meine Mutter vorher zusammen geführt hatten, war aus Krankheitsgründen geschlossen worden. Mein Vater hatte die „Bäckerkrankheit“ Asthma bekommen und die Medikamente, die er jahrelang dafür einnehmen musste, waren sein Todesurteil geworden. Als sein Krebs entdeckt wurde, war es zu spät und er starb während er eine Umschulung wegen Berufsunfähigkeit machte.
Mein Großvater starb, weil er die Treppe hinunterstürzte und seine Frau hat ihn bei der Rückkehr von einem Besuch bei ihrer Tochter gefunden. So stand Katharina Kriener allein mit dem Marktgeschäft da und meine Mutter Ingrid war Witwe mit vier Kindern im Altern drei bis 15 Jahren.
Dann entschlossen sich die zwei Frauen, zusammen weiterzumachen. Die kleinen Tagesmärkte und kurzen ländlichen Märkte, wie Bopfingen, Konstanz und andere wurden allesamt aufgegeben. Die beiden konzentrierten sich auf Märkte in Großstätten wie München, Stuttgart und Nürnberg, außerdem Erlangen – und irgendwann kam dann auch die Fürther Kirchweih mit dazu.
Sie führten jetzt gemeinsam das Marktgeschäft mit Porzellan. Schon zu dieser Zeit wollte Ingrid Ackermann an die Manufaktur in Arzberg anknüpfen – ein Wunsch, der erst viele Jahre später in Erfüllung gehen sollte.
Doch sie bringt viele neue Ideen mit und durch einen Tippfehler wurde weißes Serienporzellan eingeführt.
Als einzige „Weißware“ war damals die Serie 1000 aus Tirschenreuth im Verkaufsprogramm. Das war das sogenannte „Küchenmeißen“. Diese Serie wurde als Rohling für Zwiebelmuster und andere aufwändige Dekore hergestellt. Die preiswerte weiße Version war bis in die frühen 1980iger Jahre ein beliebtes Alltagsgeschirr.
Da meine Mutter aus Versehen einen Nuller zu wenig tippte, kam anstatt der Serie 1000 von Tirschenreuth in der Lieferung die Serie 100 von der Firma Mitterteich – und wurde über Jahrzehnte zum Renner! Dieser Erfolg führte dazu, dass mehr weiße Porzellanserien ins Programm genommen wurden. Bald war der Porzellanstand ein Anlaufpunkt für Menschen, die weißes Porzellan zu schätzen wussten und so ist es, bis 2020 Corona alles stoppte, geblieben. Besonders die Kunden in München und Stuttgart waren von der großen Auswahl an verhältnismäßig günstigem Porzellan bis zuletzt sehr angetan.
Porzellan im Hinterhof, Stand auf der Fürther Kirchweih 2018
Weißes Porzellan am Stand auf der Auer Dult in München
Mehr Auswahl und mehr Namenstassen
Eine zweite Sorte Namenstassen wurde in den 1970iger Jahren eingeführt, ein größerer Becher mit dunkelroter Schrift und Blumengirlande unter dem Namen. Der hielt sich aber nur knapp zehn Jahre im Sortiment. Dieses Exemplar hat das Körbchen unten noch nicht, das die in Serie produzierten Namenstassen mit roter Schrift dann hatten.
Zu dieser Zeit ist München einer der besten Märkte und schon damals war die Auer Dult Kult! Damals kaufte z. B. Kay Wörsching von Kays Bistro regelmäßig Porzellan bei uns ein. Er hatte immer gute Ideen und ließ sich auch von Sonderangeboten inspirieren, um seine Angebote im Bistro außergewöhnlich in Szene zu setzen. Für seine Sonderveranstaltungen mit speziellen Angeboten gab’s dann schon mal Suppe in goldverzierten Mokkatässchen. Andere Kunden waren zum Beispiel die Kessler-Zwillinge, verschiedene Tatort-Kommissare und andere Prominente aus Film, Funk und Fernsehen. Denn auf der Dult gab es keine gesellschaftlichen Unterschiede, dort tummelt auch heute noch alles vom Proll bis zur Prominenz, vom Schnäppchenjäger bis zu Leuten, die beim Einkauf gute und fachmännische Beratung wollen. Denn man sollte nicht übersehen, alteingessene Marktbetreiber verstehen sehr viel von ihrer Ware und können da mit Fachgeschäften (die es ja kaum noch gibt) locker mithalten!
Der viele Regen, für den die Auer Dulten berüchtigt waren – „Ach Dult is, kein Wunder, dass es regnet“ – soll übrigens darauf zurückgehen, dass vor hundert und ein paar Jahren eine Tandlerin im Streit eine andere mit einem Kruzifix schlug.
Historische Namenstasse Michl, kurzzeitige Sortimentsergänzung um 1970
München Auer Dult, Porzellanstand Ackermann: Bunte Herzen auf Porzellanbechern
Kriener, Ackermann und die nächste Generation
Nach meinem Abschluss als Diplompsychologin entschied ich mich, trotz meines sehr guten Notendurchschnitts, ins Familiengeschäft einzusteigen. Da war einfach Porzellan im Blut, auch wenn meine Großmutter, die da bereits in Rente gegangen war, vom Marktgeschäft gar nicht mehr wissen wollte. Wie wenig, zeigte sich, als sie mich in Nürnberg einmal am Stand besuchte und ich sie fragte: „Passt du mal kurz auf den Stand auf, ich müsste schnell wohin?“ Als Antwort kam: „Da weiß ich aber gar nicht, was ich machen soll wenn Kundschaft kommt…“ Für sie war es eindeutig mit den Tandlerleben und dem Porzellanverkauf vorbei.
Dafür wurde bei meiner Mutter die Manufakturidee wieder aktuell – meine Großmutter hatte über die Jahre daran nie Interesse gezeigt. So kam es, dass 1994 die “Manufaktur und Verkauf Porzellan im Hinterhof” in einem Hinterhof in Fürth gegründet wurde und bis 2006 dort blieb. Danach zog die Manufaktur in das Spektrumgelände in Nürnberg um.
Porzellanstand am Hauptmarkt in Nürnberg, Ingrid und Andrea Ackermann 1990iger Jahre